Sep
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Ein geklautes Gedicht


Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland ist eine Ballade von Theodor Fontane aus dem Jahr 1889.
Ich habe sie aus dem Internt geklaut, weil ich nicht dichten kann. Hier also das Gedicht:

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit

Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.

Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«

So klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.

Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«

So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.


Ich hab das in meine Schulzeit auswendig lernen müssen und gehaßt. Aber heut find ich es gar nicht so schlecht. geschrieben am 28.09.2019 von Beaslie99

Schlagwörter

theodor fontane, herr ribbeck

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Kommentare von anderen Usern

Avatar sanders schrieb am 07.10.2019 folgenden Kommentar:
Auf der Hin- und Rückfahrt in meinen Urlaub in Masuren sind wir auf der Autobahn auch an Ribbeck vorbeigefahren. :-)

Avatar sanders schrieb am 07.10.2019 folgenden Kommentar:
Meine Mutter trägt das Gedicht mir auch immer vor. Wobei so ganz bis zum Ende kann sie es nicht mehr. Den alten Birnbaum gibt es auch nicht mehr, aber laut wikipedia wurde im Jahr 2000 ein neuer Baum gepflanzt.

Avatar BlackPanther schrieb am 04.10.2019 folgenden Kommentar:
Ich find das Gedicht ebenfalls klasse. Zu den Gedichten, die man lernen musste - bei mir wars der Handschuh, auch ein tolles gedicht, wie ich finde.

Avatar Beaslie99 schrieb am 01.10.2019 folgenden Kommentar:
Nein, ich wußte nicht, daß es ihn wirklich gab. Ich fand die Geschichte des Gedichtes aber irgendwie nett, weil die Kids ja dann doch noch zu ihren Birnen kamen.

Avatar Masmiie schrieb am 30.09.2019 folgenden Kommentar:
Auswendig lernen mußte ich es nicht, aber geliebt habe ich es immer sehr. Zumal ich den Dialekt des Herrn Ribbeck auch gut verstehen konnte, was dir Südländerin wohl weniger leicht gefallen ist ;)
meine Mutter hat es damals lernen müssen und sagte es uns manchmal auf - was man einmal so lernen mußte, behält man sehr lange noch ...
Weißt du, dass es den Herrn Ribbeck tatsächlich gab? Und sein Birnbaum in Ribbeck immer noch auf dem alten Friedhof steht?

Avatar Paulinchen schrieb am 29.09.2019 folgenden Kommentar:
sehr schönes gedicht. ich glaube jeder hat so sein gedicht, was er lernen mußte. ich hab damals in der schule den zauberlehrling gelernt. habs damals auch gehasst. aber inzwischen...

Avatar raserl schrieb am 28.09.2019 folgenden Kommentar:
Ich übetreibe nicht
aber ich schrieb sicher 1000 und ein Gedicht
Aber auswendig dass zu lernen was ein anderer einst erdacht
dass sei doch verlacht
Ich meine dass nur bei Gedichten, darweilen ist unser ganzes handeln aus auswendig lernen oder auf klauen ausgerichtet