May
09

Ist das wirklich teuer


Immer wieder höre ich Aussagen wie: Das ist teuer. Oder: Online ist es billiger

Ich denke immer darüber nach, was eigentlich teuer ist und was billig. Nicht im Moment des Kaufes. Sondern langfristig, Vielleicht auf ein Jahr, oder vielleicht auch auf 10 Jahre.. Ich selber habe keine Kinder. Aber ich habe Nichten und Neffen, und ich bin sogar schon Großtante. Und alles was wir heute tun, werden sie bezahlen. Früher oder später.

Ein Beispiel: Ich kaufe mein Mehl in der Mühle um die Ecke. Da kostet ein Kilo 1,02 Euro. Im Discounter bekomme ich Mehl für 89 Cent. Auf den ersten Blick ist das aus dem Discounter billiger. Aber auf den zweiten Blick?

Ich denke nicht. In der Mühle kommt das Getreide aus der direkten Umgebung. Kurze Lieferwege, regional angebaut, gemahlen und abgepackt. Weniger CO2 Ausstoß, weniger Straßenschäden durch lange Transportwege. Arbeiter die lachen, Verkäufer die freundlich Fragen beantworten rund ums Backen und kochen. Kundenorientiert sind und sichtlich Freude an der Arbeit und auch Zeit für ein Schwätzchen. haben. Was ist ein gutes Betriebsklima wert für die Gesellschaft, wenn es weniger Krankenstände gibt? Auch gesellschaftliche Folgen müssen bezahlt werden. Früher oder später. Ist das Mehl nun teuer? Ich denke nicht.

Oder Onlinehandel. Bestellen, gefällt nicht oder passt nicht, zurück schicken. Online ist billig. Im Moment. Aber wer bezahlt die Folgen der Paketflut? Ich wahrscheinlich nicht mehr. Aber Ronja oder Jessica oder deren Kinder. Vieles davon Kram, den man nach einigen Wochen wegwirft und Müllberge verursacht. Löhne, die bei Amazon unterirdisch sind und die Leute später in der Rente auf Aufstockung vom Staat angewiesen sind. Wer bezahlt das? Und wann? Ist das dann noch billiger als in den Fachhandel zu gehen, sich beraten zu lassen, die Ware anzuschauen und dann zu entscheiden: Ja das kaufe ich, oder nein, das brauche ich nicht? Auch wenn der stationäre Handel im ersten Moment teurer erscheint?

Ich bekomme im Kleiderdiscounter eine Jeans für 19 Euro (keine Ahnung, ob der Preis stimmt, hab da schon ewig keine mehr gekauft). Die ist nach einem Jahr kaputt oder verwaschen. Oder ich kaufe im Fachhandel eine Jeans für 80 Euro. Werde dort freundlich behandelt und beraten. Die trage ich aber dann auch 10 Jahre. Ich brauch ja nicht jedes Jahre eine neue Farbe, weil das Blau diesen Jahres im nächsten Jahr nicht mehr hipp ist, sondern ein anderes Blau.

Ich bin die letzte, die mit erhobenem Zeigefinger dasteht, das steht mir absolut nicht zu. Ich begehe auch meine Umweltsünden. Stichwort Kuschelsocken oder Hundespielzeug. Und wer auf jeden Cent schauen muss, kann nicht auf Regionalität oder Bio umstellen. Aber vielleicht sollte die Frage nicht lauten: "Was ist billiger?" Sondern: "Was ist günstiger?" geschrieben am 09.05.2022 von Beaslie99

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billig oder günstig

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Kommentare von anderen Usern

Avatar Andyhx888 schrieb am 17.05.2022 folgenden Kommentar:
Auf solch einen Beitrag antworte ich doch auch gerne mal.
Ob etwas teuer oder billig ist, muss man glaube ich aus verschiedenen Perspektiven sehen.
Ich wohne in einer Stadt, eine Mühle, die noch Mehl macht, gibt es hier nicht. Daher gibt es da keine sinnvolle Alternative.
Ich finde jedoch, dass man schon bei viel kleineren Dingen gucken sollte. Nehmen wir doch mal das leidige Thema Energie.
Ist Energie wirklich teuer? Ja in Deutschland schon. Warum aber ist es nur hier so teuer? Wir haben eine super Infrastruktur und trotzdem zahlen wir mit dem höchsten Preis in der EU. Hier ist definitiv die Politik schuld. Da gibt es auch nichts dran zu rütteln. Aber warum?
Der Bedarf in DE steigt täglich auch für jeden einzelnen, aber brauchen wir das?
Rasenmäherroboter, Steckdosen und Lichtschalter, die per Sprache bedient werden und die Liste könnte noch länger werden.
Brauchen tun wir es nicht, aber es macht und vieles einfacher. Wir merken aber erst, wie teuer uns das kommt, wenn die Abrechnung kommt. Und in der steht dann nicht nur der höhere Preis, sondern auch das wir viel mehr verbraucht haben.

Wir merken hier also erst, wie teuer es eigentlich ist, wenn die Abrechnung kommt. Aber da will dann auch keiner mehr drauf verzichten. Wäre es teuer, würden wir das alles wieder zurückbauen und alles wieder selber machen.

Ob teuer oder billig, entscheiden wir als selber, in dem wir eine Entscheidung treffen, ob wir es wirklich brauchen oder ob uns die laufenden Kosten egal sind, weil wir es leichter haben wollen.

Avatar Snoopi schrieb am 10.05.2022 folgenden Kommentar:
Jetzt haben Masmiie und ich gleichzeitig kommentiert.
Als ich auf "Kommentar abschicken" geklickt habe, sah ich beide Texte.

Es ist übrigens 04.36 Uhr nachts. :-)

Avatar Snoopi schrieb am 10.05.2022 folgenden Kommentar:
Danke Beaslie für den schönen Text. :-)
Ich würde das Mehl dann auch in der Mühle kaufen.

Vielleicht bin ich "altmodisch", aber ich bestelle, so gut es geht, nie online.
Ausser es gibt etwas im Geschäft nicht mehr und das Geschäft kann es auch nicht bestellen.

Der Kundenkontakt ist wichtig.
Der Einzelhandel will auch leben.

Avatar Masmiie schrieb am 10.05.2022 folgenden Kommentar:
Da sprichst du mir voll aus dem Herzen. Genau die Überlegung sollten wir öfters anwenden. Zumal wir vieles jetzt schon spüren. Wenn wir für jedes Produkt den ökologischen Rücksack mitbezahlen müssten, das wären die Dinge,d ie uns jetzt als so teuer erscheinen, sicher um vieles günstiger als die Billigmarken.
Du hast das echt super auf den Punkt gebracht. Und vor allem auch so gut formuliert, dass ich den Eintrag gerne als Artikel in der Zeitung sehen würde.