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Wie läuft eigentlich eine Hausdurchsuchung ab?


Da Nightwash in seinem Blogbeitrag über Sendungen wie "Verklag mich doch", "Achtung Kontrolle" und "Richter Alexander Hold" geschrieben hat, dachte ich mir, dass ich mal den Ablauf einer Hausdurchsuchung schildere.

Da ich momentan mein Verwaltungspraktikum im Rechtsamt eines Bezirksamtes absolviere, durfte ich letzte Woche bei einer Hausdurchsuchung dabei sein. § 105 StPO schreibt nämlich vor, dass Zeugen dabei sein sollen, die der Polizei auf die Finger gucken. Da natürlich meistens keiner Lust dazu hat, werden Referendare - oder wie in meinem Fall - der Praktikant dafür abgestellt.

Letzte Woche Dienstag war ich dann um 6.30 Uhr am vereinbarten Treffpunkt. Dazu muss man sagen, dass es arschkalt war und geregnet hat. Um 6.34 Uhr bekam ich dann einen Anruf von einem der zuständigen Beamten:

"Sind Sie schon da?"
"Ja, ich stehe gerade an der Straße XY, Ecke XY" (in Gedanken noch "ich sollte ja schließlich auch um 6.30 Uhr da sein)"
"Uppala... joa, wir brauchen noch ein paar Minuten"

Da war meine Laune schon echt auf dem Höhepunkt :D letztendlich kamen dann drei Mann und eine Frau mit fast 15 Minuten Verspätung an. Alle natürlich mit schusssicherer Weste, nur der arme Praktikant hatte keine :D

Durchsucht werden sollten zwei Wohnungen in einem Hochhaus. Dabei ging es um Betrugsvorwürfe; im Juni/Juli 2014 wurden bei diversen Versandhändlern Waren bestellt und nicht bezahlt. Die Mühlen der Justiz mahlen also relativ langsam, denn der richterliche Durchsuchungsbeschluss war vom Februar 2015.
Um den Überraschungseffekt zu haben, wird natürlich nicht unten geklingelt, sondern man wartet, bis andere aus der Eingangstür kommen und man so ins Haus kann. Nachdem dann alle vor der Wohnung in Position waren, wurde die Person aus dem Bett geklingelt und direkt ein Fuß in die Tür gestellt.
Nachdem dann die Formalitäten geklärt waren (Durchsuchungsbeschluss vorgelegt, über die Rechte belehrt, Auslieferungsbeleg von DHL als Beweis vorgelegt etc.), wurde der Person eine Liste mit den Sachen gezeigt, die gesucht werden. Man will den Leuten schließlich die Möglichkeit geben, die Sachen freiwillig herauszugeben, um die Durchsuchung abzuwenden bzw. der Polizei die Arbeit zu erleichtern.

In diesem Fall meinte die Person, dass sie keinen Gegenstand von der Liste besitzt. Somit beginnt dann die Durchsuchung. Hier werden dann sämtliche Räume und Schränke durchsucht. In einem Raum befanden sich etwa 20-30 Schuhkartons, die alle in den Flur gestellt wurde und danach natürlich nicht wieder zurückgestellt werden. Dementsprechend sah die Wohnung danach auch ein bisschen chaotisch aus. Viele von den gesuchten Dingen waren nicht auffindbar, letztendlich wurden dann nur ein Parfum und eine Kaffeemaschine beschlagnahmt. Nachdem dann alles protokolliert und unterschrieben wurde und ein Termin für eine Vernehmung abgemacht war, war die Durchsuchung auch schon zu Ende. Die ganze Prozedur hat insgesamt nicht einmal 30 Minuten gedauert.

Ich muss sagen, dass ich mich die ganze Zeit echt unwohl gefühlt habe, in einer fremden Wohnung zu stehen und zuzugucken, wie die Polizisten alles durchsuchen. Mit der Zeit gewöhnt man sich vielleicht daran, aber für mich wäre das nichts.


Die zweite Wohnungsdurchsuchung war noch viel unspektakulärer; es wurde ein Zalando-Konto eines Dritten geknackt und die Ware ging dann an die besagte Wohnung. Die Person war selbst überrascht, dass plötzlich die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stand und sie mit einem Betrugsvorwurf konfrontiert wurde. Es wurde dann auch nichts in der Wohnung gefunden, sodass man wahrscheinlich davon ausgehen kann, dass die Ware möglicherweise gar nicht erst in der Wohnung angekommen ist und vorher abgefangen wurde.
Als dann die Frage kam "Muss ich jetzt ins Gefängnis?", habe ich mich doch irgendwie ein bisschen betroffen gefühlt. Jedenfalls tat mir die Person in dem Moment Leid, weil ich ihr irgendwie abgenommen habe, dass sie nichts mit der Sache zu tun hat.

So eine Durchsuchung kann einen also auch ziemlich unerwartet treffen.

Um kurz nach 8 Uhr war dann auch die zweite Durchsuchung abgeschlossen. Es waren also zwei Routine-Durchsuchungen, die wenig spektakulär waren und mit den Fällen aus dem TV nur wenig gemein haben.


Gegen 9 Uhr konnte sich der übermüdete Praktikant dann zum Glück wieder ins Bett legen, da ihn sein Chef nach den Durchsuchungen nicht mehr in der Behörde sehen wollte :D geschrieben am 18.03.2015 von Jonas01

Schlagwörter

polizei, hausdurchsuchung, durchsuchung, praktikum, realität

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Kommentare von anderen Usern

Avatar MrsLuna schrieb am 21.03.2015 folgenden Kommentar:
Interessant nun weis ich was ich nicht sehen konnte, :) denn in unserer Nachbarschaft (12 Parteien Haus) fand wohl auch eine Wohnungsdurchung statt, da waren auch mehrere Polizisten da und ein Hundchen hatten sie auch noch mit.

Avatar Masmiie schrieb am 20.03.2015 folgenden Kommentar:
aber mal interessant, zu lesen, wie sowas abläuft, danke dir

Avatar sachsetg schrieb am 19.03.2015 folgenden Kommentar:
Nein, das darfst du alles nicht, wenn du Betroffener einer Wohnungsdurchsuchung bist Night.

Avatar Nightwash schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
@sachse also ich werde ja wohl selbst bestimmen dürfen wer das bezeugen soll und wenn ich will das es der NACHBAR ist

Ausserdem darf ich ja wohl jeden in meine Wohnung lassen den ich will.


Und ich darf ja bei ner Durchsuchung sogar gehen oder meine Sachen weiter machen ich darf die Polizei nur net behindern

Avatar sachsetg schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
Night, den einzigen Zeugen, den der Betroffene benennen darf, ist sein Anwalt oder ein Familienangehörige. Andere Zeugen vom Betroffenen werden nicht zugelassen.

Avatar sachsetg schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
Doch Indi :D ich war sogar dabei, als ein SEK das falsche Fenster erwischt hat. Ansonsten kann ich eigentlich alles bestätigen, was Jonas geschrieben hat. Die meisten Durchsuchungen laufen so unspektakulär ab. Und das ein unabhängiger Zeuge, meistens einer aus einer Verwaltungsbehörde, dazugezogen wird, stimmt auch, soweit möglich. Ansonsten schau ich mir einige der erwähnten Sendungen auch an und kann sagen, das vieles von "Auf Streife" realitätsnah ist.

Avatar Indianerle schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
Es hat wohl noch keiner ein Sondereinsatzkommando erlebt, die leider in die verkehrte Wohnung gegangen sind.

Avatar Spuckel schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
für solche pseudo-realitäts-TVsendungen ist das wohl nicht spektakulär genug, aber gerade daher find ich es interessant, wie das abläuft. davon weiß man als "normalbürger" ja nix - zum glück. ;)

Avatar Nightwash schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
Wer sagt mir aber das der Zeuge vertrauenswürdig ist

Avatar Jonas01 schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
Als Beschuldigter kannst du natürlich auch jederzeit Zeugen hinzuziehen oder direkt einen Anwalt anrufen. Die Polizei bringt aber von sich aus einen mit, denn die durchsuchen ja direkt und warten nicht erst auf einen möglichen Zeugen.

Avatar Nightwash schrieb am 18.03.2015 folgenden Kommentar:
Ich dachte immer den Zeugen kann ich selber bestimmen?