Oct
12
Neues aus der "Anstalt" ( Titel geklaut)
Huhuuuu da ist des framische aus der Anstalt wieder. Den Titel hab ich- wie im Opener schon angemerkt- geklaut und möchte Urban Priol dafür danken. Es hätte kein anderer Titel passender sein können.
Hab ich Neues im Gepäck und bin nicht schamlos, Euch davon zu erzählen. Andere tun´s ja nich´
Im Zuge der Gesundheitsreform und der Erneuerungen unter Daniel Bahr gibt es auch bei uns im Hause eklatante Neuerungen. Die angeblichen Neuerungen sind zwar schon ein paar Tage alt- umgesetzt werden sie bei uns aber erst jetzt. Und gelten als innovativ, flexibel und ungemein kostensparend. Der intelligente Leser weiss nun wovon ich spreche. Konzepte- Gutachten- MDK-:"spare, Kind, spare".
Um für Branchenfremde überhaupt erstmal plausibel zu erscheinen mag ich folgende Geschichte erzählen:
Mein / unser aller Chefchen ist 73. Oder knappe. Wie auch immer. Er baut an unserem ( Altemheim) Haus wie Bob ( der Baumeister). Eine ganze Kolonie an Handwerkern hat er da, die einfach nur bauen. Da Wände einreissen, hier Spachtel verarbeiten, dort rummörteln. Um nicht böse zu sein- das Haus ist an gewissen, noch nicht restaurierten Stellen einige Jahre superalt.
Vor 6 Monaten war die Feuerwehr zur Inspektion bei uns. Da unser aller Chefchen sich jahrelang nicht an Brandschutzauflagen gehalten hat,-( der alte Brandschutzbeauftragte war wohl ein Golfkollege
) war der neue Brandschutzbeauftragte not amused.Er ordnete nun die sofortige Umsetzung der Brandschutzmassnahmen an, um zu verhindern, dass unsere Einrichtung sofort geschlossen wird. Also legten die Handwerker los, um umzusetzen, was Chefchen verpatzt hatte.
Daraufhin wurden in den Wb´s ( Wohnbereichen) sämtliche Stühle, Tische, Kommoden, Bilder aus privaten Beständen der Bewohner entfernt. War alles plötzlich leicht entflammbar und ungemein im Weg. Urplötzlich ging es um den Fluchtweg. Glaubt mir - es ging auch vorher noch nie um den Bewohner im allgemeinen, noch im besonderen......
Jahrelang hat sich Chefchen um solche Dinge niemals nicht gekümmert. Handshake und niemals einen Namen wissend hat er blind auf seine Geldgeber- nämlich den Bewohner- reagiert. Nun heisst es es zum Handwerker: räum dat Zeuch der Bewohner aussem Weg.
Haben sie gemacht, die Handwerker. Die Flure der WB´s sind nun leer. Gänzlich leer. Um nicht zu sagen tot.
Uns sterben seitdem die Bewohner weg. Einer nach dem anderem. Nicht urtypisch desolate oder von vornherein kritisch kranke Bewohner. Nein,- aus allen Indikationsgruppen sterben sie. Liegen apathisch in ihren Betten und warten. Sitzen, vor sich hindämmern. Soll ich Euch was sagen? Sie warten. Warten auf den Tod. Sie sitzen nicht mehr in ihren Kuschelsesseln auf dem Flur- weil sie es aufgrund des Brandschutzes nicht mehr dürfen. Seid mal ehrlich-selbst wir jungen Leute ohne Lieblingssessel/ Couch/Kissen,....undenkbar-oder? So´n Sessel ist doch Historie, die eigene Identität, son Stück Zuhause. Ja oder?
Ohne den geliebten alten Stuhl, ohne das Bild, ohne die gewohnt hektisch umher rennenden Pflegekräften, ohne ein liebes Wort derselben- kurzum: ohne Leben....unsere Bewohner sitzen nun in ihren Zimmern und sterben vor sich hin. Warten aufs Sterben. Man glaubt das nicht wenn man das nicht erlebt hat. Eine vorher vollkommen agile und laufbedürftige Bewohnerin liegt nun nur noch in ihrem Bett, - sagt der Schwester: "ich will nicht aufstehen" ( wofür auch ????) und bleibt liegen. Die Pflegekraft hat partout keine Zeit sie anzuziehen und lässt sie eben liegen.
Wir alle ( um die 100 MA der Pflege/ soziale Betreeung) wissen, warum dass so ist. Die Ignoranz unseres Chefchens hat unseren Bewohnern das ZUHAUSE genommen. Ihnen fortgerissen, wie man uns einen Stuhl unterm Hintern wegzieht.
In so einem hohen Alter ist das keine Kleinigkeit mehr, Änderungen hinzunehmen. Selbst ein Krankenhausaufenthalt haut unsere Bewohner aus der Bahn.....Glaubt es mir- Veränderungen bringen Menschen um-- und sei es nur um den Verstand- ich hab es nun oft genug erlebt.
Chefchen ist bald auch in einem Alter- da will ihn zuhaus kein Mensch mehr pflegen. Urteilen kan man immer nur, wenn man am eigenen Leibe nackt ist. Und kalte Füsse bekommt weil man die billigen Schuhe weggeworfen hat.
So long---- nächstes Mal mehr- eine in schwere Gedanken versunkene frami geschrieben am 12.10.2012 von frami
Schlagwörter
altenpflege, soziales, tod, brandschutzLesenswert 
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Hmm - kenne ich bei uns in der Gegend anders, habe meinen Vater selbst 6 Jahre geprflegt. Aber in deinem Beispiel würde ich dem Chefchen wünschen, dass er bei euch aufgenommen wird. Würde im Alter und Würde beim Sterben sollten eigentlich selbstverständlich sein - aber die Realität sieht leider wirklich sehr oft anders aus!
Auf dem Flur hat man ja wenigstens als Zuschauer am Leben teilgenommen - aufm Zimmer ist man lebendig begraben - verstehe schon, dass die dann gar nicht mehr aufstehen wollen ...