Oct
05

Altenpflege- mein nächster Bewohner bin ich :-)


Huhuu und willkommen zu frami´s blog- schön dass mann/ frau hierher gefunden hat. Der Grund diesen blog zu schreiben ist einzig und allein der:

...alle werden wir alt- der eine mehr- der andere weniger. Wer sich vordrängelt und meint eher gehen zu müssen, muß sich nicht wundern, wenn die anderen dem ne lange Nase zeigen und sagen: ätsch Blödmann hab ich Dich doch überlebt.


Neidisch brauchen wir "Nochlebenden" nicht werden- keinesfalls. Wahrscheinlich haben die abgegangenen viel früher vorgesorgt wie wir und die Kiste/ Urne/ Baum rechtzeitig bestellt. Nur wir- unsereins hat nicht vorgesorgt,[size=24][/size]und sind deshalb sauer auf den Verstorbenen, weil der uns nun wieder mal um ne Welle voraus ist.

Ich arbeite seit über nem Jahr hier im Ruhrgebiet in einer Alten- und Pflege- Einrichtung.[

Zu uns kommen nicht nur Alte mit normaler Altersvergesslichkeit, aus der Psychiatrie Oberhausens vorzeitig entlassene Grenzdebile und temporär Demente . Auch ganz junge, totkranke Menschen hatten wir schon- ein Bewohner war genau ein Baujahr jünger wie ich- also 1972.

Völlig verkrebst und im Endstadium- mit anus praeter, künstlicher trachea etc.
Zur Sterbebegleitung des jungen Mannes kam ich zu spät. Weil mein Dienst kurz nach seinem Gehen erst anfing. Ich konnte dann noch seine leeren, geöffneten Augen schließen. Regungslos- emotionslos. Äußerlich natürlich. Schließlich saßen Angehörige bei ihm- es wäre mir unmöglich, diesen Angehörigen meine eigene Gefühlslage zu demonstrieren. Nein- geht garnicht. Im Grunde hab ich einen Grundsatz zu Anfang gelernt und innebehalten: nicht der Sterbende braucht Hilfe in so einem Prozess. Die Angehörigen sinds. Die brauchen Beistand.

Dann bist Du in diesem Moment auch wirklich professionell. Ackerst diesen "Fall" ab wie Du auch sonst solche Fälle bearbeitest.
Klasse, wie cool man doch sein kann. Bewundere ich immer wieder. Entspricht genau dem, was ich von Zivilcourage halte: agieren- nicht nachdenken- nur agieren.

Was man (auch selber) nicht beachtet: alle, die in solch einem Job sozial-zivilhelferischer
Natur arbeiten, tätig sind, träumen irgendwann. Über früher oder später. Keiner kann es leugnen- wer was anderes behauptet lügt. Wir träumen alle. Vom Vergessen- von Toten-von sterben und nicht aufstehen können.
Mein Mann sagt ich träume ständig. Schlage um mich- weine, schreie, leide still vor mich hin- stets im Traum.
Nicht nur mir gehts so- ich sprech das Thema auf der Arbeit oft an, um andere zur Reflexion zu bewegen, um Mut zu haben auch darüber zu reden. Haben wir keine Supervision- keine Hauspsychologin, die uns sagt: so nu lass ma raus den Kummer. Haben wir auch keine Zeit.

So tough wie man tut ist man natürlich nicht. Aber lasst uns die schönen Seiten der Demenz/ Alzheimer-Demenz nicht vergessen :-) Mein Lieblingssatz ist stets:

DAS SCHÖNE AN DER DEMENZ IST DOCH, DASS MAN STÄNDIG UND JEDEN TAG NEUE MENSCHEN KENNENLERNT.

Na- ist das nicht was? Wenn mir ein Bewohner aus dem Stuhl nicht hochkommt, sag ich erst mal: " Hallo Herr/ Frau.... hier ist die frami....( also stell mich derjenigen Person jeden Tag neu vor ). Dann lacht so manch Bweohner und der eine sagt halt: Ja ich weiß- der anderere eben: ach die frami. Das zaubert uns beiden meist ein wohltuendes Lächeln auf die Lächeln- ehrlich.... das tut gut.
frag ich ihn erst mal was denn seine morschen Knochen da denn wieder vorhaben mit ihm. Die lachen und fühlen sich verstanden. Alte hassen Verlogenheit. Ich weiß um die Suche nach Erlösung und der Bewohner weiß das noch besser wie ich- was also lügen...
Keiner mag " nicht ernst genommen werden"....


So das wars erst mal für heut von mir- nette Beiträge werden immer gern angenommen- also habt Mut und schreibt was Ihr zum Thema Gehen zu sagen habt. Ich würde gerne von nun an häufiger schreiben wie mein Alltag in der Einrichtung aussieht.
Kopf hoch- wir leben alle nur einmal
die frami geschrieben am 05.10.2012 von frami

Schlagwörter

altenpflege, sterben, tod, humor, "leben großgeschrieben"

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Kommentare von anderen Usern

Avatar Summsel38 schrieb am 07.10.2012 folgenden Kommentar:
auch von mir ein *hut ab* *heftigkopfnick*
ich bewundere das Herangehen an das Thema ungemein!
Leider hat meine Oma nicht das Glück eine solche *frami* (und das meine ich im übertragenen Sinne) in dem Alters heim, in dem sie untergebracht wurd, zu haben (nennt sich so nett *Seniorenresidenz* (augenroll)
Auch meine große Tochter hat Kinderkrankenschwester gelernt, und arbeitet am liebsten mit schwersterkrankten kindern wie krebs.
Sie glaubt an ihre Aufgabe, sie arbeitet mit Herzblut, und sie bringt auch das eine über das andere Mal traurige Geschichten mit Heim. Aber sie geht auch mit einer Art und Weise damit um, die ich einfach bewundere, etwas, was ich so nicht könnte!
Also ehrlich liebste Frami, schön dass es so Menschen wie Dich oder Euch gibt!

Avatar Masmiie schrieb am 06.10.2012 folgenden Kommentar:
hut ab - ich könnte das ehrlich gesagt nicht