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Immer vorwärts blicken!


Mein Sohn war ein Kindergartenkind aus Leidenschaft. Monate vorher erzählte er jedem, wenn er drei ist, darf er in den Kindergarten und zur Simone - mit der Erzieherin hatte er sich vorher schon angefreundet, wenn ich seine Schwester abholte. Und in den drei Jahren Kindergarten ging er immer wieder mit größter Freude, morgens mußte ich nur in ein total verschlafenes Ohr sagen: "Kindergarten" und er stand bereitwillig auf. So machte ich mir fast Sorgen, wie es wird, wenn er ein Schulkind ist.

Aber das war kein Problem. In den letzten Wochen erzählte er jedem, dass er bald rausgeschmissen wird. Und fragte jeden Tag, wann es denn soweit wäre. Am jenem Freitag geschah ihm sogar noch etwas Schönes: Im Schlaf war sein Wackelzahn rausgefallen. Und Zahnlücken beweisen nun mal Schulreife. Vom Vorschulkind wurde er allmählich zum Schulkind.

Später dann schwenkten ihn die Erzieherinnen singend herum und warfen ihn dann meinem Mann und mir in die Arme - der traditionelle Rausschmiß. Durch das Klatschen der zusehenden Eltern und Kinder hindurch hörte man meinen Spatz lautstark jubeln: "Endlich! Endlich bin ich rausgeschmissen!"

Während die Erzieher sich so manche Träne verkniffen und sich wehmütig nicht nur von ihm verabschiedeten, sondern auch von der großen Schwester, die man ja nach den drei Jahren noch immer wieder beim Abholen gesehen hatte, sauste Spatz zum Tor und wollte so schnell wie möglich weg.

Er wollte nicht etwa vom Kindergarten weg. Er hat die drei Jahre voll und ganz genossen. Aber ihm war bewußt, dass nun ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Von nun an ist er kein Kindergartenkind mehr, sondern ein Schulkind. Das ist ein tiefer Einschnitt in seinem Leben, doch während die Erwachsenen wehmütig der nie wiederkehrenden Kindergartentage gedachten, waren Spatzens Sinne und Gedanken nur auf eines gerichtet - auf das Neue! In diesem Fall die Schule.

Eigentlich ist das beneidenswert. Einfach so vorwärtssehen, ohne Bedauern zurückblicken und sich einfach nur auf das Neue freuen - das haben wir Erwachsenen oft schon völlig verlernt. Wir sehnen uns immer wieder Vergangenes, Unwiederbringliches herbei - und verstellen uns so den Blick auf das Neue. Erst wenn auch das Neue wieder Vergangenheit ist, dann denken wir auch daran wehmütig mit "lang, lang ists her.."

Dabei besteht das Leben nunmal aus Veränderung. Und statt stets an Vergangenes zu denken, ist es doch sinnvoller, sich an dem zu freuen, was man gerade hat. An das, was man hatte, kann man ja immer denken, aber das sollte nicht mit "damals wars schöner", sondern mit "schön wars damals, aber heute ist es auch schön" geschehen.

Ich jedenfalls werde versuchen, mir an meinem Sohn ein Beispiel zu nehmen. Und mich in Zukunft auf das Neue freuen, ohne zu bedauern, dass ich dafür etwas Altes aufgeben muss. geschrieben am 16.08.2012 von Masmiie

Schlagwörter

neues, altes, lebensabschnitt, veränderung

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Kommentare von anderen Usern

Avatar Beaslie99 schrieb am 12.12.2019 folgenden Kommentar:
Abslut beneidenswert 8o

Avatar raserl schrieb am 27.07.2019 folgenden Kommentar:
Ein sehr gut geschriebener Eintrag.- Hoffentlich machen wir uns das zum Ziel jeden tag raimund raser

Avatar zickenmaus schrieb am 17.08.2012 folgenden Kommentar:
Danke für diesen schönen Eintrag. Wenn man sich diese Gedanken immer vor Augen hält, ist vieles viel leichter.

Avatar Thaumas schrieb am 16.08.2012 folgenden Kommentar:
Wir Erwachsenen können von den Kindern so einiges lernen. ;) Ein wirklich schöner Beitrag.