Mar
23

Catcalling - nenn mich ja nicht hübsch!


Servas,

auf meinem Arbeitsweg in die Nachtschicht höre ich oft Radio und kurz vor 22:00 Uhr läuft eine kurze Sendung namens "Einfach zum Nachdenken". Oft werden da Redewendungen infrage gestellt, manchmal ist es eine persönliche Einstellung, manchmal eine Suche nach den guten alten Werten.
Verfasser dieser kurzen Statements sind zumeist Autoren, Pfarrer, Lehrer oder Sprachphilosophen.

Letzte Woche kam ein Beitrag, der mich tatsächlich länger zum Nachdenken bewogen hat.
Thema war das sogenannte Catcalling.
Leider kann ich diesen Beitrag nirgendwo mehr auftreiben und muss ihn daher nach dem Gedächtnis erläutern.

Die sprechende Dame meinte, sie hätte in einer englischen Zeitung einen Artikel gelesen, in dem sich eine Redakteurin für eine Entschärfung der Strafen für dieses Catcalling aussprach und sie müsse da widersprechen.
Sie untermauerte ihre Meinung mit zwei Beispielen:

Einmal sei sie in der Fußgängerzone unterwegs gewesen, habe über die Organisation einer Veranstaltung nachgedacht, als ein vorbeigehender Mann "Hallo, schöne Frau!" zu ihr sagte. Darüber hätte sie den wichtigen Gedanken verloren, der ihr gerade vorher noch präsent war.

Ein anderes Mal wäre sie von einer Radtour zurückgekommen und war gedanklich noch bei den schönen Eindrücken selbiger, als ihr ein anderer Mann Luftküsse zugeworfen hätte.
Darüber habe sie sich so geärgert, dass sie diesen mit den Worten "Was glauben Sie denn, was das bringt?" darauf ansprach. Er soll mit der Frage "Was genau ist denn dein Problem?" geantwortet haben.

Sie schloss ihren Monolog mit den Sätzen: "Catcalling ist ein Beweis für männliche Dominanz gegenüber Frauen und habe nichts nettes. Liebe Männer, lasst es einfach bleiben!"


Meine spontaner Gedanke war "Recht hatter. Was zum Teufel ist ihr Problem?"
Es wirkte so, als wolle sie auf diesem Weg der Welt mitteilen, dass sie nicht nur mit wichtigen Dingen beschäftigt sei, sondern auch noch verdammt gut aussieht, was sich über das Radio ja eh nicht prüfen lässt.

Ganz klar gesagt: Diese Art der weiblichen Wehleidigkeit ist einfach zum Kotzen.

Sicher hat der Mann im ersten Beispiel nichts Böses im Sinn gehabt, als er einer fremden Frau im Vorbeigehen ein Kompliment machte. Konnte er denn ahnen, dass diese gerade überaus wichtige Gedanken wälzte? Hat er vielleicht den Ladebalken auf ihrer Stirn übersehen?

Ich bezweifle, dass ich fremden Frauen jemals Luftküsse zuwerfen würde, aber wenn das die Art des Mannes im zweiten Beispiel ist, dann ist es eben so. Was genau stört diese Frau an diesem Verhalten? ER macht sich doch öffentlich zum Affen. Genügt da nicht ein Augenverdrehen oder von mir aus ein abschätziger Blick gefolgt von Ignoranz? Muss man denn wirklich die Kommunikation suchen?

Mal klargestellt:
Es ist nicht tragbar, Frauen auf der gegenüberliegenden Strassenseite die Wohlgeformtheit ihrer Rückseite oder die besonders herausragenden Eigenschaften ihrer Vorderseite zuzurufen. Das gehört sich nicht und ist glaube ich jedem Mann mit Kinderstube bewusst.

Aber:
Wenn ich im Vorbeigehen einer mir fremden Frau ein Kompliment für ihre Schönheit im Allgemeinen ausspreche dann ist es einfach ein Kompliment, nicht mehr und nicht weniger.

Eigentlich ist es erschreckend, dass ein Kompliment im öffentlichen Raum einen eigenen Begriff wie Catcalling braucht und dass dieser dann so allgemeingültig angewendet wird.
Ich wüsste keinen Mann, der sich im Umkehrschluss über ein solches Verhalten von Frauen dermaßen aufregen würde, wie diese Dame.

In Anlehnung an den Radiokommentar möchte ich mit folgenden Sätzen schließen:
"Ein Kompliment soll Freude beim Empfänger verursachen, da gibt es keinen tieferen Plan, wohin das führen soll. Liebe Frauen, wenn ihr glaubt, ihr würdet auf euren Körper reduziert wenn ein fremder Mann euch ein Kompliment macht, dann lasst die Schminke und die High Heels weg, tragt weite Hosen statt kurzer Röcke."

Zack, Problem gelöst, dass eigentlich gar keins ist. geschrieben am 23.03.2017 von ladaci

Schlagwörter

catcalling, emanzipation, kompliment, wtf?!

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Kommentare von anderen Usern

Avatar yvonne2601 schrieb am 24.03.2017 folgenden Kommentar:
DOCH noch was zum Hinzufügen: solche Themen, ganz gleich wo sie besprochen werden, sind mir als Frau peinlich... (mir war auch nicht klar, dass es für "sowas" mittlerweile 'nen Namen gibt!)...
Auch kommt es mir vor, als ob mit eben solchen Themen nichts weiter im Schilde geführt wird, als die Sendezeit zu füllen, denn mal ehrlich: ernst nehmen kann "sowas" nicht!!....

Avatar yvonne2601 schrieb am 24.03.2017 folgenden Kommentar:
dem hab ich -als weiblicher Mitmensch, welcher Komplimente tatsächlich als solche aufnimmt und auch genießt- nichts hinzuzufügen!!!

Avatar krebs77 schrieb am 23.03.2017 folgenden Kommentar:
Wo du recht hast,haste recht.
Meine Kollegen machen mir auch Kompliemente und ich geniesse das.
Ob das meine roten,langen Haare sind die sogar schon angefasst und angeschnuppert wurden oder ob sich jemand über mein Fröhlichkeit Freut .... mir tut es gut.
Im Gegenzug mache ich meinem Chef auch schon mal ein Kompliment .Wenn er fragt *wie geht es dir heute* und ich sage *jetzt wo ich dich sehe? ... SEHR gut*
Er meint er würde noch 10 mal kommen nur um sowas zu hören.
Sind wir nun sexistisch ??
NEIN .... JEDER mag Komplimente und möchte gelobhudelt und gebauchpinselt werden ...

Avatar Masmiie schrieb am 23.03.2017 folgenden Kommentar:
Mir ist das zweimal im Job passert. Einmal wollte ich rein, der Kollege raus, wir hatten es beide eilig und drängelten uns aneinander vorbei. Mitten in der Tür blieb er stehen, sog mit geschlossenen Augen die Luft durch die Nase ein und sagte spontan: "Hm, riechst du gut!"
Ein anderes Mal wollte mein Chef etwas von mir. Es war ein schöner sonniger Tag, ich entsprechend gut gelaunt und wirbelte darum förmlich in sein Büro. Da ich das Haar - taillenlang und im Sonnenschein glänzend dunkelbraun - lose trug, wirbelte es mit. Er sah mich verblüfft an und meinte: "Sie haben wirklich sehr schönes Haar."
Beides war komplett ohne Hintergedanken geäußert worden und ich nahm es auch so. Im ersten Fall fragte der Kollege gleich nach dem Namen des Parfüms, um es seiner Freundin mal zu schenken, im zweiten Fall begann der nächste Satz des Chefs: "Ich war gestern bei /Kunde/ und die hatten da eine Idee, die Sie vielleicht programmieren können ...."
Ich denke auch, dass oft vielzuviel in solche Bemerkungen hineininterpretiert wird. Und das wird auch daran liegen, dass wir es verlernt haben, einander Komplimente zu machen. So wird das zur Ausnahme und prompt wird eine Absicht dahinter vermutet.
Vor zwei Wochen war ich z.B. mit den Kindern in München, beide ließen sich beim Friseur einen neuen Schnitt verpassen. Beide äußerten später enttäuscht, es sei niemandem - in ihrem Fall nur ihren beiden Freundinnen - aufgefallen. Sicher haben so einige gedacht, was ihre Freundinnen sagten: Tolle Frisur, steht dir. Und sein radikal geänderter Schnitt ist mit Sicherheit jedem aufgefallen. Nur - gesagt hat es keiner.
Ich habe meine Kinder übrigens gefragt, ob sie selbst denn auch etwas Nettes sagen, wenn ihnen eine Veränderung auffällt. Beide meinten nein, das würden sie sich nicht trauen ....