Oct
28

Zeitumstellung ist Mist!


Eigentlich wollte ich nur den Videorecorder ausschalten. Für einen Moment schaltete sich das Fernsehprogramm ein und auf der Mattscheibe erschien ein freundlicher Herr, der mich daran erinnerte, meinen Wecker heute auf drei Uhr nachts zu stellen.

Wieso denn das? Ach so! Die Sommerzeit ist wieder mal zu Ende!

Heute Nacht nimmt mir der Staat wieder eine Stunde - oder er schenkt sie mir - da blicke ich einfach nicht mehr durch - und ich glaube, auch sonst niemand. Irgendeiner hat da die sogenannte Sommerzeit eingeführt, damit wir im Sommer eine Stunde mehr zur Verfügung haben. Damit das funktioniert, wurde uns die Stunde erst einmal gestohlen. Gerade hatte ich mich gefreut, dass ich morgens nicht mehr im Dustern zur Arbeit gehen muss und in der S-Bahn nicht mehr automatisch einschlafe - ist ja alles dunkel, da schlafe ich eben ein - nein, in den letzten Tagen war dem nicht so, da konnte ich morgens schon den ersten Schimmer von Licht sehen. Bis die S-Bahn am Ziel war, konnte ich auch schon den Namen der Station lesen und bin nicht dauernd übers Ziel hinausgefahren.

Aber dann musste ich die Uhren um eine Stunde vorstellen. Wieder war es morgens dunkel und ich schlief in der S-Bahn ein .....

Die Stunde sollte ich abends ja wiederbekommen. Abends ist es dann eine Stunde länger hell, versprach man mir und dann könnte ich mehr unternehmen. Tennis spielen, im Garten grillen, ins Kino gehen, mit den Kindern eine Runde Fußball oder Streetball spielen, den Sonnenuntergang beobachten oder einfach ein bisschen spazieren gehen. Die Ruhe genießen. Mehr Freizeit haben. Ja, das wäre schön .....

..... aber leider hat sich da einer gehörig verrechnet. Michael Ende wusste es bereits - man kann Zeit nicht sparen und später wieder ausgeben. Jeder weiß es, nur die grauen Herren oben im Reichstag nicht ...

Die Stunde, die ich abends wiederbekomme, nützt mir faktisch leider gar nichts. Schön, es ist abends länger hell. Fein. Deshalb möchte die Familie trotzdem ihr Abendessen. Deshalb kommt die Vorabendserie auch nicht später, danach kommt der Krimi und dann ist es doch wieder dunkel. Meine hungrige Familie glaubt mir leider nicht, dass es in der Wirklichkeit erst fünf Uhr ist - auf der Uhr steht sechs, der Magen knurrt und das Abendbrot soll sofort serviert werden. Vergeblich versuche ich meine gesparte Stunde abzuheben - nichts, sie ist weg, der Bankdirektor macht sich mit meiner gesparten Stunde einen faulen Lenz. Die Sommerzeit machen ja alle mit, außer der Sonne (und den Tieren) und somit verschiebt sich alles nur - gespart ist da leider nichts.

Nur der Hund hatte sich da immer ausgeklinkt - jedes Jahr im Herbst saß ein verdutzter Lahiro gegen elf vor dem Napf und konnte nicht verstehen, dass heute nicht serviert wird .... Also musste ich im Winter den Hund um elf und die Familie um zwölf füttern. Und wagte mir nicht vorzustellen, wie sich die Bauern um diese Zeit fühlen müssen ..... Im Frühling dann das umgekehrte Spiel - ich füllte den Napf um zwölf (eigentlich ja elf Uhr), der Hund hatte noch keinen Hunger und fraß nicht. Wenn er dann um eins (also zwölf) an den Napf kam, war alles angetrocknet und schmeckte nicht mehr ....

Jetzt haben wir Katzen. Die bekommen irgendwann ihr Futter und essen irgendwann - die Zeiten stehen in keinerlei Zusammenhang miteinander. Katzen erwarten zum Glück keine pünktlichen Mahlzeiten.
Ja - da war doch noch meine gesparte Stunde. Ich kann die Familie natürlich mit Schnellpizza abfüttern oder zu McDonalds schicken. Und ich muss auch nicht zu bestimmten Uhrzeiten fernsehen - wozu gibt es Videorecorder. Ich kann ja alles aufnehmen und irgendwann ansehen - wenn ich auf meinem Konto ein paar Stunden angesammelt habe ... ach so, die kann ich ja gar nicht wieder abheben, die haben die grauen Herren ja bereits in die Pfeife gestopft ....

Alles Quatsch - so gern sehe ich nun wieder auch nicht fern. Also wende ich mich den anderen Vorschlägen zu. Mit einer Freundin Tennis spielen gehen - oder Badminton in meinem Fall - wir wollen gerade gehen, da ruft mein Mann - um acht bist du doch wieder da? Die Kleine schläft nicht ohne dich ein! Wenn wir um acht zurück sein wollen, reicht die Zeit gerade zum Hin- und Zurückfahren aus - so wollte ich meine gesparte Stunde nicht ausgeben - fahren können wir auch im Dunkeln seit Erfindung der Scheinwerfer und der Straßenlaternen - ich wollte doch die Helligkeit am Abend ausnutzen.

Nächster Vorschlag - mit den Kindern noch Fußball oder Streetball spielen - übrigens, kennt jemand die Regeln für Streetball ohne Korb? Ziel ist die nächste Laterne - wer trifft, ist 1. Sieger und wer dann am schnellsten läuft, ist 2. Sieger - nun, Streetball fällt ebenfalls aus. Die Kinder sind zu müde. Es ist doch erst halb acht? Ja, aber eigentlich ist ja halb neun und gestern um die Zeit waren sie schon im Bett ...

Also bringen wir die Kinder ins Bett. Bis endlich Ruhe ist, ist es halb neun (eigentlich halb zehn). Es ist noch hell, wie wär´s, ein kleiner Spaziergang noch und den Sonnenuntergang bewundern? Spinnst du, sagt mein Mann, die Sonne geht erst um Viertel nach zehn unter (Viertel nach neun in der richtigen Zeit) und ich muss morgen um vier Zeitungen austragen (also um drei). Und wenn es schon zappenduster ist und ich mit der Taschenlampe die Namen auf den Briefkästen entziffern muss, möchte ich wenigstens die Augen aufbekommen. Spricht´s und geht schlafen.

Und meine gesparte Stunde? Kriege ich sie wenigstens wieder? Ins Kino gehen ist sinnlos – da drinnen merke ich nichts von dem schönen hellen Abend draußen. Ich kann mich ja einfach noch ein bisschen in den Garten setzen und die Ruhe genießen - Pustekuchen! Die Nachbarn feiern Grillparty - die müssen morgens nicht raus und genießen den hellen Abend. Mitten in meine schöne Ruhe wehen Grillrauch, Zigarettenschmauch und schrilles Lachen. Da flüchte ich mich wieder hinein.

Und nun? Am besten gehe ich auch schlafen. Schließlich muss ich auch um sieben (also sechs) im Büro auf der Matte stehen und das heißt, ich muss spätestens um halb sechs (also halb fünf) aufstehen. Und der Mensch braucht nun einmal siebeneinhalb Stunden Schlaf. Der Staat schenkt mir zwar abends eine Stunde Freizeit, aber die zieht er mir morgens von meinem Nachtschlaf ab. Ich muss ja im Sommer genauso viele Stunden arbeiten wie zuvor, ich brauche genauso viel Schlaf, ich muss kochen, saubermachen, essen wie sonst auch und ich habe auch genauso viel Zeit zur Verfügung. Keine Stunde mehr oder weniger.

Also gehe ich ins Bett. Kann aber nicht schlafen, draußen ist es noch zu hell. Ich ziehe die Rollläden herunter, damit ich schlafen kann. Natürlich ist es am nächsten Morgen noch dunkel - wegen der heruntergezogenen Rollläden - und ich denke, es ist noch nicht so spät und verschlafe prompt. Bis mir einfällt, dass ich ja gestern die Rollläden herabgelassen habe und es draußen doch so allmählich hell wird.

Was bleibt nun von der tollen Idee? Im Kuhstall herrscht Chaos, allerorten verschlafen Menschen oder sind zu früh dran, jeder kommt aus dem Rhythmus. Nachtschichten werden verlängert und verkürzt ohne Rücksicht auf die Schichtschieber. Züge verspäten sich, Anschlusszüge fahren zu früh los, die S-Bahn hat überhaupt keinen Plan mehr. Apropos Züge: vor einigen Jahren wollte ich ausgerechnet an diesem Wochenende verreisen. Samstagnacht brachte mich der Zug nach Hause zurück. Am Schalter erklärte mir die Dame, dass ich keineswegs eine Stunde früher zu Hause wäre - also nach der richtigen Zeit, aber inzwischen wurden ja die Uhren zurückgestellt - nein, die Bahnfahrt sollte stattdessen eine Stunde länger dauern als sonst - warum? - um drei Uhr nachts bleiben alle Züge stehen und warten darauf, dass es noch mal drei Uhr nachts wird - ich konnte das nicht glauben, aber später saß ich tatsächlich eine Stunde auf dem Bahnhof herum, der Anschlusszug wartete zwei Kilometer entfernt von mir - als ich dann fragte, wie das denn im Frühling sei, fingen die Leute in der Schlange hinter mir an zu kichern ..... eine Antwort bekam ich übrigens nicht .....

Und das bringt mich zurück zum Ausgangspunkt: Mein Wecker muss mich also um drei Uhr nachts aus dem schönsten Träumen reißen .... dann muss ich alle Uhren um eine Stunde zurückstellen .... und dann wird es wieder drei .... und mein Wecker rasselt wieder los .... Hilfe!

Und was ich überhaupt nicht verstehe - wann habe ich jetzt diesen Blog geschrieben? Ich schrieb ihn gegen halb drei - aber jetzt habe ich ihn um zwei Uhr eingestellt - also werde ich ihn noch schreiben - aber ich habe ihn doch schon geschrieben - oder etwa nicht - HELFT MIR! geschrieben am 28.10.2012 von Masmiie

Schlagwörter

zeitumstellung, uhren, sommerzeit

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Kommentare von anderen Usern

Avatar mbans schrieb am 29.10.2012 folgenden Kommentar:
Das Tagebuch eines Jammerdeutschen.
Wir haben schon Probleme. Scheiß auf Hunger, Krieg und Umweltzerstörung, an der Zeitverschiebung wird die Menschheit zu Grunde gehen!

Avatar sanders schrieb am 28.10.2012 folgenden Kommentar:
Das habe ich schon damals gesagt, als die Sommerzeit eingeführt wurde. Aber auf mich hört ja keiner.

Avatar nickichrissy schrieb am 28.10.2012 folgenden Kommentar:
die umstellung ist total sinnlos