Apr
17

Die Presse und die Moral


Diese Woche stieß mir ein Bericht in der lokalen Presse wieder einmal sehr übel auf.
Es geht hier um eine Familie, die ich persönlich kenne und ich kenne auch die Geschichte dahinter.

http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Angeklagter-Die-wollte-ein-Kind-von-mir-_arid,10213800_toid,535.html

Der Reporter berichtet aus der Gerichtsverhandlung, jedoch nur über die Aussage des Täters.
Im ersten Bericht standen sogar Aussagen des Täters, über die Eltern.
Auch der Vorname des Mädchens wurde genannt und der erste Buchstabe des Nachnamens.
Dies wurde dann einfach gestern abend im Online-Artikel abgeändert, jedoch ohne Hinweis auf die Änderung.

Im urspünglichen Artikel stand jedoch als Tatsache darin, dass die Eltern des Mädchens die sexuelle Beziehung geduldet hätten.

Viele haben sicherlich den ersten Artikel gelesen und lesen nun die Änderung nicht mehr.
Denn wer liest einen Bericht nochmals der bereits 24 Stunden online ist und den er schon gelesen hat.


Sollten Zeitungen hier nicht verpflichtet werden, diese Änderung deutlich bekanntzumachen?


Desweiteren weigert sich die Zeitung ebenfalls eine Stellungnahme der Eltern zu drucken.
Sicherlich kann man hier dagegen vorgehen, jedoch was bringt eine Stellungnahme, die dann in 6 Monaten erscheint?

Hier einmal eine persönliche Stellungnahme der Mutter:

>> Betreff: Bericht der Schwäbischen Zeitung, vom 16.04.2015
"36-Jähriger soll 13-Jährige sexuell missbraucht haben"

Da die SZ momentan nicht bereit ist eine Gegendarstellung zu schreiben, kommen hier von mir ein paar Sätze. Laut SZ gibt es keine Gegendarstellung, weil man den Angeklagten schützen muss, bis das Gegenteil bewiesen wurde. Wir seien selber Schuld, an der einseitigen Berichterstattung, da die Öffentlichkeit, als meine 14-Jährige Tochter aussagen musste, ausgeschlossen wurde.
Fakt ist, wir haben keine Beziehung, schon gar keine sexuelle, zu diesem Mann geduldet. Es gab sogar einen richterlichen Beschluss, dass er sich unseren Kindern nicht nähern darf. Dieser Mensch sitzt nicht grundlos seit einem halben Jahr in U-Haft.
Diese gequirlte Scheisse, die die SZ da von sich gibt, und die einfach nicht der Wahrheit entspricht, grenzt für mich an Rufmord! Ich nehme das so nicht hin, und habe mich auch schon vom Anwalt beraten lassen.
Das musste einfach gesagt sein, und darf gerne geteilt werden. <<



Sind die gesetzlichen Regelungen ausreichend?? Was ist mit der moralischen Verpflichtung der Presse??

Wie findet ihr die aktuelle Bericherstattung diverser Zeitungen?

Es geht mir nicht um die Beurteilung der Tat, dafür gibt es gerichte, sondern um die Handhabung der Presse.

Auf Euer Feedback bin ich sehr gespannt. geschrieben am 17.04.2015 von beibaers

Schlagwörter

presse, moral, lügenpresse, beibaers, recht

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Kommentare von anderen Usern

Avatar tommixyz schrieb am 28.04.2015 folgenden Kommentar:
Presse und Moral - das passt eh nicht zusammen. Es geht ja nicht darum, etwas wissenswertes zu berichten, sondern die leider allgemein verbreitete Sensationsgier zu befriedigen. Je verrückter desto höher die Auflage. Leider sind wir doch meist schon Voyaristen - wir gaffen bei Unfällen, wir wollen alles über alle wissen und wir machen mit, wenn es gegen jemanden geht, den wir nicht leiden können. Da dürfen wir wohl kaum von (Bild)-Zeitungen nicht erwarten, dass diese sich moralisch einwandfrei verhalten oder gar etwas positives berichten.
In diesem Sinne...
tommi

Avatar wimola schrieb am 17.04.2015 folgenden Kommentar:
Also mir wäre beinahe auch ein Fauxpas passiert, weil ich einfach nur gelesen habe ...und unter SZ nicht die Schwäbische Zeitung vermutete ..., sondern halt die Süddeutsche Zeitung. Eigentlich der Grund, dass ich dem link folgte, weil ich es nicht so recht glauben konnte.

Zu Deinem Thema "moralische Verpflichtung der Presse" - denke ich, dass diese Berichterstattung sicherlich grenzwertig, aber m.E. deutlich im Rahmen der sonstigen, landläufigen Berichterstattung liegt.

Außer den Menschen, die es direkt betrifft, wird auch eine differenziertere Berichterstattung an den "schnellen Gedankengängen" anderer gar nichts ändern. Du schreibst es ja auch, ... wer liest das noch einmal nach ... - ich frage mich: Wer kann sich morgen überhaupt noch daran erinnern?

Es wird also ein kleiner Kreis Menschen, das Umfeld, der Ort etc. der Betroffenen sein, für die das überhaupt von Interesse ist. Und genau dort wird das "Gerede" - gänzlich unabhängig von der Presse - sicher ebenso subjektiv sein. Das ist einfach nicht zu verhindern.

Als Betroffener bist Du sicher immer völlig chancenlos.

Ich lese jetzt nur die Stellungnahme der Mutter, aber nicht die Stellungnahme der Zeitung, warum sie eine Gegendarstellung ablehnt ... - schwierig ...

Avatar Spuckel schrieb am 17.04.2015 folgenden Kommentar:
Die Begründung für die Verweigerung einer Gegendarstellung ist schon heftig. Die Öffentlichkeit wird zum Schutz der minderjährigen Zeugin bzw. des Opfers ausgeschlossen, nicht aber zur Beschneidung der Rechte der Presse. Dieser Schutz ist absolut notwendig und richtig und rechtfertigt das Verhalten dieser Zeitung überhaupt nicht.

Avatar Sheila schrieb am 17.04.2015 folgenden Kommentar:
Hier könnte man auf den Gedanken kommen das manche Reporter keine Moral besitzen.
Den Angeklagten muß die Presse schützen aber das Mädchen nicht?
Ich bin für Pressefreiheit aber diese Freiheit sollte objektiv sein. Der Reporter sollte keinen Bericht mehr veröffentlichen dürfen.