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Wenn Sport zur Mordsache wird


Es ist schon eine Weile her, dass der Breitensport aufkam. Jeder sollte täglich zumindest ein gewisses Pensum hinter sich bringen, ob Morgengymnastik, Waldlauf oder Feierabendfußball. Zwecks besserer Gesundheit und so gesehen ist das auch völlig in Ordnung. Solange es der Körper mitmacht, tut Sport in Maßen den Körpern und Seelen der Massen gut.

Bei Leistungssport sieht das anders aus. Natürlich gibt es sportliche Menschen, denen das Spaß macht und auch gut tut. Als Teenie war ich selbst im Leistungskurs Turnen, ich habe immer gerne geturnt. Was wir da gemacht haben, war zwar nicht olympiareif, so ehrgeizig waren wir ja gar nicht. Aber es ging schon weit über das hinaus, was man für gewöhnlich im Turnunterricht lernt. Wir haben auch keine Wettkämpfe gemacht, für uns lag der Spaß an der Herausforderung, kann ich das schaffen. Ich bedaure heute noch, dass nach einigen Jahren die Kursleiterin wechselte und die neue wohl eher dem Sport ist Mord-Prinzip huldigte. Jedenfalls fragte sie in der ersten Stunde, an welchem Gerät wir üben wollten, und als wir uns alle für Schwebebalken aussprachen, holte sie zu unserem Erstaunen eine der Bänke herbei, an der wir Balancieren üben sollten. Eine murmelte was von Radschlagen, das verstand die Dame falsch und ließ uns nun, Hände auf der Bank aufgestützt, über die Bank hoppeln – zur Vorbereitung aufs Radschlagen. Wir erklärten der Dame dann, dass wir als letztes den Abgang vom Schwebebalken mittels Radschlag geprobt hatten und nun eigentlich ein komplettes Rad auf dem Schwebebalken dran wäre. „Aber Kinderchen, das ist doch viel zu gefährlich, wenn man das nicht sorgfältig übt!“ Ja, und genau das hatten wir die letzten 5 Jahre ja auch getan! Aber als die neue Leiterin das nicht verstehen wollte, löste sich der ganze Kurs innerhalb von zwei Wochen auf – nochmal neu anfangen wollten wir nicht.

Immerhin hatte diese Dame verstanden, dass man Schwieriges erst einmal mit einfachen Übungen beginnt. Und ihre Vorgängerin hatte begriffen, dass wir das Turnen aus Spaß an der Freud machten und drängte uns nicht zu Wettkämpfen oder Leistungssteigerungen. Genau das nimmt aber im Sport immer mehr überhand. Darum die vielen Dopingfälle, bei den Olympiaden ebenso wie bei Radrennen oder Kampfsportlern. Die Leistungssteigerungen, die von vielen Trainern erwartet werden, sind ohne solche Mittel oft nicht zu schaffen. Und der Zuschauer will ja etwas zu sehen bekommen. Ich denke, dass bei den meisten Sportarten die Leistung des menschlichen Körpers bereits ausgeschöpft ist, aber die Rekorde sollen immer wieder gebrochen werden, die Sportvorführungen spektakulärer werden, die Schwierigkeitsgrade immer höher. Ohne zusätzliche Mittel kann der Mensch aber nicht noch schneller laufen, noch höher springen, noch mehr Muskeln aufbauen.

Kampfsportler nehmen oft Anabolika, um noch mithalten zu können. Die aber sind immens gefährlich. Zum einen verkraftet der Körper, vor allem das Herz den viel zu schnellen Muskelaufbau oft nicht. Zum anderen führt die jahrelange Einnahme zu schweren physischen und psychischen Störungen. Erinnert sich noch jemand an die Schlagzeilen vor einigen Jahren, als man einen Wrestler samt Familie tot im Hause fand? Die Untersuchungen ergaben, dass wohl er Frau und Tochter getötet hatte – unter dem Einfluß von Anabolika, die seine Psyche völlig zerstört hatten. Hier ist Sport wirklich zu Mord geworden.

Bei vielen Sportarten muss es auch immer schwieriger werden. Die Folgen sieht man deutlich – beim Training für die Winterspiele in Südkorea sind einige Athleten ums Leben gekommen. Nicht sie waren so ungeschickt oder zu leichtsinnig – viele Sportler sprechen mittlerweile offen aus, was vorher keiner sagen wollte – die Abfahrt in Lake Louise war einfach zu gefährlich. Inzwischen wurde sie entschärft, dürfte aber immer noch überaus schwierig zu bewältigen sein – und ganz sicher ist das nicht die einzige Abfahrt, bei der selbst olympiareife Skifahrer ihr Leben riskieren – nur damit die Couchsportler etwas zu sehen haben.

Auch die Winterspiele haben es deutlich gezeigt. Mehrere schwere Unfälle weisen darauf hin, dass bei einigen Sportarten die Latte einfach zu hoch gelegt wird. Ein Captain America oder noch besser ein Wolverine, der ja selbst schwere Verletzungen rasch übersteht, könnten das wohl schaffen. Aber die beiden gibt es nur in Comics. Und in Comics werden die Verletzten auch schnell und ohne Folgeschäden wieder gesund – in der Realität nicht. Das war aber wohl den Verantwortlichen nicht klar, die trotz schweren Wetters keinen Wettkampf absagten – und wenn sich noch so viele Athleten dabei verletzen. Lieber schwere Unfälle als Ausfälle am Bildschirm riskieren und damit die Gelder der Fernsehgesellschaften und die Symphatien der Zuschauer.

In diesem Fall ist Sport wirklich Mord – und die Mörder sind die Veranstalter sowie die Zuschauer, die ja immer mehr sehen wollen. Aber die zieht natürlich keiner zur Rechenschaft – und der Sportler, der den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen muss oder eine unversorgte Familie hinterläßt, hat den Schaden – da fühlt sich keiner mehr verantwortlich. geschrieben am 28.02.2018 von Masmiie

Schlagwörter

sport, mord, olympiade, winterspiele, tod

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Kommentare von anderen Usern

Avatar Snoopi schrieb am 03.03.2018 folgenden Kommentar:
Guter Beitrag. Danke. :)
An den Wrestler Chris Benoit erinnere ich mich. RIP Chris und Familie.
Wer sich nicht (mehr) erinnert, hier:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/usa-star-wrestler-toetet-familie-und-sich-selbst-a-490922.html
Die "feige" WWE (der Arbeitgeber von C.B.) löschte alle Infos über Ihn von der Webseite und versuchte die Erinnerung an Ihn komplett auszulöschen. Traurig und peinlich, denn immerhin waren die ja nicht ganz unschuldig. :(