Sep
30

Messi oder Wohltäter?


"Gerade das ist ja typisch für Messis", meinte eine Jugendamtmitarbeiterin, als ich ihr sagte, ich würfe nichts weg, was noch gebraucht werden kann. Sie war der Meinung, was man selbst nicht braucht - oder momentan nicht braucht - gehört in den Müll. Nach der Logik müßte ich morgens das Bett wegwerfen und mir abends ein neues kaufen, tagsüber brauche ich es ja nicht ....

Fort sollten einige Pullis und Shirts, die der Großen zu klein geworden waren, der Kleine aber noch als Kleid tragen konnte. Und Lego-Primo-Spielzeug, das ja nur bis 1 Jahr ausgeschildert ist. Spatz, damals 19 Monate alt, liebte die Räderraupe, die Wackelschlange und den Stapelteddy aber noch heiß und innig ....

Ich gehorchte wieder einmal nicht. Mit dem Primo durfte Spatz spielen, solange er wollte, danach kam es in einen Karton und wartet nun auf das nächste Baby in der Familie. Großnichte Mia wird in wenigen Monaten sicher ebenso entzückt sein wie Spatz damals.

Die T-Shirts hingegen mußten nur zwei Jahre warten, dann trug sie Spatz voller Stolz. Und als auch er rauswuchs und einige immer noch brauchbar waren, nahm eine Verwandte sie in Empfang. Die nämlich kümmert sich ehrenamtlich um Gestrandete - vorm schlagenden Mann geflüchtete Mütter, vorm Krieg geflohende Familien, vor ihren Eltern in Schutz genommene Kinder - und konnte die Kleidung sofort in dankbare Hände weitergeben. Auch Spielzeug, Stoffwindeln, Milchpumpe und Plüschtiere verteilte sie gerne weiter. Beim nächsten Besuch dort habe ich ihr bereits Babybett und Kinderfahrräder angekündigt.

In jedem Haushalt sammeln sich Dinge an, die man dann eigentlich doch nicht nutzt. Bei uns kommt dazu, dass mein Mann und ich eine Zeitlang zwei Haushalte hatten. Bei den Spaghettigabeln sind wir uns heute noch nicht einig, ich gebe die aus Edelstahl nicht her, mein Mann nimmt lieber das Kunststoffteil, die Kinder wollen die mit dem lustigen Gesicht behalten. Ansonsten aber konnte ich einiges Doppelte aussortieren. Abgenommen hat es mir - man höre und staune - der Kindergarten. Die Babylöffel, Nudelsiebe und Plastikschüsseln entdeckte ich eine Woche später im Sandkasten, Matrioschka, Schneebesen und Töpfe im Montessori-Raum. Die Glasfaserlampe steht jetzt im sogenannten Traumzimmer. Und als Spatz zum letzten Mal dorthin ging, schleppte er den heißgeliebten aufblasbaren Hüpf-Gummihund mit. Der war inzwischen zu klein für ihn, für die Schwester sowieso, aber er hatte gerade die richtige Größe für die Kleinsten im Kindergarten, die auf die Hüpfbälle noch nicht so ganz draufkommen.

Warum so viele glauben, dass Kinder nie genug Kuscheltiere haben, weiß ich nicht. Meine bekamen sie vom Krankenhaus geschenkt - da sind wir leider öfters - von lieben Nachbarn, von Restaurants, Möbelhäusern und Versicherungen - und jeder, bei dem ich via ebay Kindersachen ersteigerte, legte kostenlos ein Plüschtier dazu. Manche wurden angenommen, wie ein lila trollähnliches Etwas, von meiner Großen liebevoll als Wuschel, von meiner Schwester als "das häßlichste Vieh, das ich je gesehen habe" bezeichnet. Vieles diente nur als Bettverstopfer "Mama, kann ich bei dir schlafen, bei mir ist kein Platz mehr" und Wurgeschosse. Als eine Kindergartenmutter solche Viecher für ein Kinderheim in Indien suchte, füllte ich eine komplette 120-Liter-Mülltüte mit den Dingern. Eine zweite solche Tüte ging an die heilpädagogische Tagesstätte, eine dritte an die Diakonie. Natürlich alles mit Erlaubnis der Kinder, die mit der Masse an Tieren auch überfordert waren.

Heute haben wir feste Routinen. Regelmäßig werden Kleiderschränke, Bücherregale und Spielzeugboxen durchforstet. Dann wird in vier Kategorien getrennt - wird noch genutzt // wird nicht mehr genutzt, geb ich aber nicht her (Enkel bzw. Großnichte) // ist zu klein, will der Kleine aber erben // kann zur Diakonie. Nachdem den Kindern klar war, dass die Dinge nicht weggeworfen werden, sondern dann andere Kinder sich darüber freuen, gaben sie auch viel bereitwilliger etwas her. Auch sonst habe ich meine Kartons, mit Edding beschriftet und was gerade auffällt und überflüssig ist, landet im entsprechenden Behälter. Sobald der voll ist, wird er weitergegeben - überallhin, wo der Inhalt gebraucht werden kann, nur nicht in den Müll. Auch die Kartons übrigens sind nur scheinbar Müll - in der Arbeit meines Mannes würden sie weggeworfen, die Diakonie ist uns dankbar dafür, weil vieles in latschigen Tüten abgegeben wird, die auf dem Transport reißen.

Comics sind ein Sonderfall dabei. Ich habe früher viele gelesen, bin aber inzwischen fast nur noch an den LTBs interessiert - ja, die lese ich auch als Erwachsene noch. Was uns beim Räumen unterkommt, ist oft schon fast antik, aber nicht mehr verkäuflich. Superman hat etliche Eselsecken, durch Captain Amerikas Schild geht ein Riß, Spiderman hüpft nicht nur über einen Lkw, sondern auch über einen Orangensaftflecken hinweg und Batmann sieht seinem Alter entsprechend ziemlich zerknittert aus. Macht nichts, solange man es lesen kann. Sobald ein solcher Karton nämlich voll ist, stellen ihn Ehemann oder Kinder vor einem bestimmten Zimmer im Landratsamt ab. Der dort residierende Beamte ist zuständig für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge und erzählt uns, dass ihm die Comics regelrecht aus den Händen gerissen werden. Zum Deutschlernen sind sie ideal, weil ja durch die Bilder schon viel verdeutlicht wird. Auch auf diese Art kann ich hier also helfen.

Ich würde gerne viele Instutitionen bei ihren Tun unterstützen, es ist so viel zu tun. Zum einen kann ich das immerhin machen, indem ich entsprechende Petitionen mitunterschreibe - da zählt oft jede einzelne Unterschrift. Einige - Malteser, Johanniter, Vogelschutzbund und Greenpeace - bekommen auch ihre jährlichen Zuwendungen. Zu mehr reichen die Finanzen nicht. Aber immerhin - im Rahmen des Möglichen kann ich doch so einiges tun. Nicht viel zwar - aber wenn jeder nur dieses bißchen tut, kommen wir alle zusammen schon ganz schön weit. geschrieben am 30.09.2017 von Masmiie

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sozial unterstützung hilfe

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Kommentare von anderen Usern

Avatar Snoopi schrieb am 30.09.2017 folgenden Kommentar:
Wiederverwertung/Weiterverwertung/Weiternutzung in perfekter Form. :)
Toll. :)
Da sollen sich andere ruhig eine Scheibe abschneiden. :)