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Wenn ich es nicht bekomme, sollst du es auch nicht haben


Dieser Gedanke steckt hinter der grausamsten Form des Neids. Menschen, die so denken, wollen häufig nicht einfach das, was der andere hat, auch haben oder ihm das, was er hat wegnehmen und selbst besitzen – sie wollen zerstören, was der andere hat, weil sie es nicht haben können.

Diese Form von Neid steckt häufig hinter Vandalismus. Ich weiß von einem Aachener Mercedes-Besitzer, dessen Autonummer A-RM-… lautete. Jahrelang wurden ihm im Monatstakt Scheiben eingeschlagen und Antennen abgebrochen, bis er dahinterkam, dass das Ganze wohl auf die Nummer zurückzuführen war. Menschen, die sich keinen Mercedes leisten konnten, sahen das als Spott an und dachten sich, wenn ich nicht, dann sollst du auch nicht ….

Seit einiger Zeit gibt es eien neue Form von Einbruch. Dabei wird nicht nur gestohlen, sondern auch randaliert und so viel wie möglich zerstört. Auch hier spielt wieder der Neid auf den Bewohner eine Rolle, denn der kann sich das ja leisten … Oft ist auch der Gedanke dabei, das stünde einem selbst ja eigentlich auch zu. Und die Logik dahinter ist: Wenn der das hat und ich nicht, dann hat der mir das weggenommen. Ein Trugschluss natürlich und viele sind sich nicht bewußt, dass sie so denken – aber das Empfinden ist tatsächlich so.

Leider werden auch Kinder oft Opfer von solchen Neidgefühlen, Nach Trennungen wird erbittert um das Sorgerecht gekämpft, was ich durchaus verstehen kann, wenn beide Partner am Kind hängen. Es gibt aber auch die Fälle, in denen die Liebe zum Kind hinten ansteht und der Gedanke, der Partner soll ja nicht bekommen, was man selbst nicht hat ist wichtiger. Sogar, wenn der Partner selbst mit dem Kind eigentlich weniger anfangen kann, es sogar nur als Belastung sieht – dem Ex wird das Kind trotzdem nicht gegönnt. Die Leidtragenden in diesem Fällen sind immer nur die Kinder.

Gerade hier kann es sogar soweit kommen, dass man die Kinder tötet. Den Sorgerechtsstreit hat man verloren, aber damit der Partner trotzdem nicht gewinnt, muss das Kind sterben. Immer wieder lesen wir von solchen Dingen in den Zeitungen und fragen uns, wie kann man nur – auch hier spielt wieder dieser Neid eine Rolle.

Neid kann auch überaus hemmend wirken. Und für die Wirtschaft und Politik ist dieser Neid überaus hilfreich. Denn so seltsam das ist – es werden weniger die „da oben“ beneidet, als die neben uns, die ein bißchen mehr haben. Wohl aus dem Gefühl heraus, gegen die „da oben“ kann man allein doch nichts ausrichten – aber gegen den Nachbarn. Genau das aber ist der Grund dafür, dass so wenig vorwärts geht – es kämpft jeder gegen jeden, statt sich gemeinsam für alle einzusetzen. Beim gemeinsamen Kampf für mehr Rechte könnte es ja immer wieder geschehen, dass der Nachbar das Recht eher bekommt als man selbst. Also sorgen die Menschen lieber dafür, dass alle „unten“ bleiben, als dass sie einem hochhelfen, der dann die anderen nachzieht.

Beispiele gefällig? Wie oft schon haben Menschen sich gegen eine Lohnerhöhung für die eine oder andere Sparte entschieden? Weil ja dann die anderen zuerst etwas bekommen und nicht man selbst. Dass aber Lohnerhöhungen in einem Bereich auch Erhöhungen in anderen Branchen wahrscheinlicher machen, darauf kommt man irgendwie nicht. Tests ergaben, dass Menschen lieber ein Jahresgehalt von 200.000 Euro wählen, wenn auch alle anderen das bekommen als eines von 300.000 Euro – wenn die anderen 325.000 Euro haben. Ich hingegen wäre mit der zweiten Variante einverstanden – auch weil ich dann später gut einklagen kann, dass mir genausoviel zusteht wie den Kollegen. Ganz davon abgesehen – wenn ich alles habe, was ich brauche und mir wünsche, warum soll ich dann jemand beneiden, der mehr hat und nicht weiß, wohin damit?

Eben aus diesem Grund lassen sich schon in Deutschland viele Verbesserungen nicht durchsetzen. Wenn eine Partei für Rentenerhöhungen ist, wird sie von den Leuten abgewählt, die keine Rente beziehen und lieber VORHER den Mindestlohn durchsetzen wollen. Würde es einen Volksentscheid über Kindergelderhöhungen geben, würden alle Kinderlosen dagegen sein. Die Parteien profitieren davon – alles auf einmal läßt sich nicht durchsetzen und Stück für Stück lehnen die Wähler ab. Also kann man die Masse klein halten, da jeder darauf achtet, dass der Nachbar ja kein zu großes Stück vom Kuchen bekommt – statt für einen größeren Kuchen zu plädieren. Und damit die Menschen auch brav unten bleiben, weiß man immer neue Gründe, warum diese oder jene Verbesserung nicht möglich ist. EU, die Banken, Griechenland, die Flüchtlinge – nichts von alledem wurde aus dem Fonds für Steuersenkungen, Mindestlohn oder Rente bezahlt. Aber indem man den Menschen genau das einredet, sorgt man dafür, dass sie auf ihre Nebenmenschen losgehen statt auf diejenigen, die ihnen die Rechte vorenthalten.

Auch die Entwicklungshilfe stockt aus genau diesem Grund. Und darum nehmen immer mehr Institutionen ganze Dörfer unter ihre Fittiche. Denn wenn in einem afrikanischen Dorf einer sich hocharbeitet – sei es, dass er Waren auf dem Markt verkauft oder sich über bessere Anbautechniken informiert – wird er von den anderen als Hexer verunglimpft, vertrieben oder sogar umgebracht. Eine Neuerung hat allen zu nützen oder keinem – und lieber keinem als nur einem.

Auch wenn diese Eigenschaft in Afrika besonders ausgeprägt ist, sie kommt überall vor. Und hemmt das Vorwärtskommen der Menschheit – in jeder Hinsicht. Ich frage mich oft, wo wir Menschen heute stünden, könnten wir diesen Neid ausrotten. geschrieben am 30.11.2017 von Masmiie

Schlagwörter

neid, afrika, politik, wirtschaft, hemmung, vorwärtskommen, steuern, banken, griechenland, flüchtlinge

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Kommentare von anderen Usern

Avatar Ticia schrieb am 01.12.2017 folgenden Kommentar:
Puh, ziemlich viel zu lesen . 😳

Avatar ladaci schrieb am 30.11.2017 folgenden Kommentar:
Ich finde es auch immer spannend, dass einem sehr schnell irgendwas geneidet wird. Selbst dann, wenn man dessen Besitz nur vermutet.
Ich habe ja nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich in den letzten Jahren übertrieben viel gearbeitet habe, Weder hier noch im Reallife.
Mich fragte neulich eine Kollegin, was ich denn mit dem ganzen Geld täte. Erst war ich irritiert, wie sie auf die Idee kam. Dann wurde mir klar die Logik war: Viel Arbeit = viel Geld. So einfach ist das aber leider nicht.
Genauso werden mir von (nennen wir es) anderer Stelle Rechnungen vorgelegt, Ausgaben als MMS geschickt, hemmungslos gekauft, weil ich ja zu zahlen habe. Wenn es in diesem Umfeld wirklich eine Logik gibt, dann ist das die gleiche.

Weiterführend kommt dann natürlich nicht nur der eigentliche Neid, sondern der Wunsch den vermuteten Wohlstand für sich zu haben und schließlich das "Vors-Knie-treten", wenn man ihn nicht geschenkt bekommt.

Ich habe aufgehört, mir darüber Gedanken zu machen. Ich finde keine Lösung. Vielleicht ist es einfach die Natur des Menschen und man muss solche Eigenschaften einfach akzeptieren. Dann sitze ich gelassen da und denke mir "was solls, wenn sie Freude daran haben". Ich akzeptiere das Anderssein der Menschen, es betrifft mich nicht und damit berührt es mich auch nicht - eine Denkweise, die dem Problem die Wichtigkeit nimmt und am Ende eigentlich das ist, worum man wirklich beneidet werden kann.